Wenn der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit per SMS über eine Dienstplanänderung informiert, muss die SMS in der Freizeit nicht gelesen werden. So urteilte kürzlich das LAG Schleswig-Holstein (Urt. v. 27.09.2022, Az. 1 Sa 39 öD/22).
Im abgeurteilten Fall hat der Chef kurzfristig Dienstplanänderungen (mitbestimmungspflichtig durch den Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG) vorgenommen und diese außerhalb der persönlichen Arbeitszeit einem Rettungssanitäter u.a. per SMS mitgeteilt. Zuvor hatte es der Chef auch schon telefonisch und per E-Mail versucht – vergeblich.
Der Sanitäter erschien daraufhin pünktlich zum ursprünglich mitgeteilten Dienstbeginn, der zeitlich nach dem Beginn des zwischenzeitlich geänderten Dienstplans lag. Der Arbeitgeber wertete den Nichtantritt zur Arbeit zur neu angesetzten Dienstzeit (und in der Konsequenz damit auch die Unerreichbarkeit in der Freizeit) als unentschuldigtes Fehlen und sprach eine Abmahnung aus.
Das LAG hatte nun darüber zu entscheiden, ob der Rettungssanitäter trotz Freizeit auf die sehr kurzfristige Dienstplanänderung für den Folgetag hätte reagieren müssen.
Das LAG entschied (zurecht!) zugunsten des Rettungssanitäters. Er sei nicht verpflichtet, dienstliche Nachrichten in seiner Freizeit zu lesen und zu bearbeiten. Diese Pflicht setze erst mit Beginn seines nächsten Dienstes wieder ein. Erst dann müsse er in der Zwischenzeit eingegangene dienstliche Nachrichten lesen.
Der Entscheidung des LAG ist zuzustimmen. Die Trennung von Arbeitszeit und Freizeit dient nicht nur dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers (hier sind die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) einzuhalten), sondern auch der freien Entfaltung seiner persönlichen Interessen und Vorlieben, ist also vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt.
In der modernen Arbeitswelt mit ständiger technischer Erreichbarkeit über Telefon, SMS, WhatsApp, E-Mail, Social Media etc. und Home Office ist die konsequente Trennung von Arbeit und Freizeit also nicht nur arbeitsrechtlich gesichert, sondern zur Vermeidung negativer gesundheitlicher Folgen wie Burn-Out und Depressionen auch geboten.
Hier spielen – wieder mal – auch die Betriebsräte eine gute und wichtige Rolle. Im Zusammenhang mit diesen Themen gewährt das Betriebsverfassungsgesetz wirkungsvolle Beteiligungsrechte wie das Mitwirkungsrecht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG. Man kann alle Betriebsräte nur ermutigen: nutzen Sie diese Möglichkeiten!